Auf der ersten Seite habe ich Woonio vorgestellt und einen Einblick in meinen ersten Eindruck gegebenen. Nun gehe ich auf die Artikeldetailseite und Produktkonfiguration ein. Anschließend betrachte ich noch die Serviceleistungen und weitere Besonderheiten. Zu guter Letzt erwarten Sie vier Wohlfühl-Tipps für Online-Möbelhändler.
Außergewöhnliche Artikeldetailseite
Woonio setzt die eigenen Produkte auf eine außergewöhnliche Art in Szene. Die Artikeldetailseiten zeigen nicht einfach nur die Artikel und ihre Eigenschaften. Sie erinnern eher an Landingpages amerikanischer „Single-Product-Unternehmen“. Ohne dabei aber derart aufdringlich zu sein.
Ungewöhnliche Bestandteile sind nicht-produktbezogene Details wie
- eine intensive Ansprache der Kundenbedürfnisse („Die Liebe zum Unikat“),
- die Vermittlung der Unternehmenswerte („Der beliebteste Rohstoff: Herzblut“),
- vertrauensbildende Beispiele und Vorteile („Ihr Vertrauen wird geschätzt“) und
- das umfangreiche Angebot zur Kontaktaufnahme inklusive vollständigem Kontaktformular („Bei uns sind Sie noch Königin bzw. König“).
Das zieht die Seite entsprechend in die Länge. Bei Bett „Sara“ sind es gewaltige 7888 Pixel. Nichtsdestotrotz hinterlässt es einen tollen Eindruck bei der interessiert-scrollenden Zielgruppe. Die meisten Inhalte findet man jedoch normalerweise auf anderen Seiten. Zumindest in diesem Umfang.

So lässt Woonio beispielsweise einen Service-/FAQ-/Hilfe-Bereich vermissen. Informationen zur Zahlung und dem Versand finden sich nur auf der Artikeldetailseite und in den AGB. Dies ist jedoch zugleich von Produkt zu Produkt unterschiedlich. Bei Tisch „Caph“ finden sich die Textkästen zu Lieferung und Zahlungsarten nicht. Bei Sessel „Leon“ hingegen schon.
Gleiches gilt für die Anzeige des Preises. Bei Bett „Sara“ wird ein Preis nach der Konfiguration angezeigt. Bei Sessel „Joel“ sucht man ihn vergebens.
Die Präsentation der Materialien ist… ähm… episch. Es werden große Makroaufnahmen der Struktur gezeigt. Eigenschaften sind mit Hintergrundinformationen angereichert. Die Lederbezüge werden sogar nach Kriterien wie Lichtechtheit und Atmungsaktivität bewertet. Da bleiben kaum Fragen offen.
Werden meine Fragen beantwortet?
Und von denen gibt es gerade bei Möbeln so einige. Eingangs erwähnte ich den freien Wunsch von Woonio. Zu diesem komme ich nun:
„Welche Fragen stellst du dir beim Konfigurieren und werden diese Fragen online beantwortet?“
Gleich beim ersten Lesen begann es bei mir zu rattern. Herausgekommen sind unter anderem folgende Fragen:
Was passt in meine Wohnung?
Was passt zu mir?
Wie sieht es in meiner Wohnung aus?
Ist es das gleiche Ahorn wie bei meinem Sideboard?
Wie fühlt sich die Oberfläche an?
Wann ist der Tisch lang genug, damit x Personen nebeneinander sitzen können?
Hat der Tisch zusammen mit meinen Stühlen auch die richtige Höhe?
Werden sich meine Gäste mit den Tischbeinen herumplagen müssen?
Zugegeben, hochwertige Möbel online zu verkaufen, ist eine Herausforderung. Woonio gibt sich jedoch viel Mühe möglichst viele Fragen ihrer Kunden zu beantworten. Auf einigen Artikeldetailseiten finden sich Produktvideos. Um seinen Geschmack wiederzufinden, gibt es theoretisch einen Stilfinder. Praktisch stellt dieser eher einen Produktfilter dar. Schaubilder zeigen wie viel Platz die Kunden im Bett und am Tisch je nach Konfiguration haben.
Hilfreich ist bei der Beantwortung mit Sicherheit die Nähe zum Hersteller (hier Schreinermeister). Seine Erfahrung bei der Herstellung und früheren Kundengesprächen kann so direkt in die Beschreibung einfließen.
Beratung
Bleiben dennoch Fragen offen, gibt es eine Kontaktseite. Das Kontaktformular ist schlicht und weist auf eventuelle Fehleingaben bereits nach Feldwechsel hin. Leider ist es ebenfalls etwas verspielt. Zudem erfordert es die Eingabe eines Captchas. Nicht nur Tom König von SpOns Wartschleife hat hierzu eine eindeutige Meinung („Captchas sind schlechter Kundenservice“).
Des weiteren gibt es eine lokale Telefonnummer. Anrufzeiten werden nicht genannt. Hervorgehoben wird allerdings der direkte Kontakt zum Geschäftsführer Roland Waedt. Dieser zeigt sich auch sonst wenig nutzerscheu und sucht gerne den Dialog. So ist letztlich auch wie erwähnt dieser Test entstanden.
Leider gibt es wie bei Ikea auch bei Woonio keine Kundenbewertungen. So ganz scheinen sich Teile der Möbelbranche noch nicht in die unruhigen Gewässer des User Generated Content zu trauen.
Serviceleistungen
Lieferung und Versandkosten
Die Möbelstücke von Woonio sind in der Regel individuelle Anforderungen. Daher ist die reguläre Lieferzeit von 6-8 Wochen nachvollziehbar. Bestellt werden kann aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Lieferung ist immer versandkostenfrei und erfolgt „durch Fachleute“.

Rücksendung und Rückgaberecht
Bei der Rückgabe gilt das übliche 14-tägige Widerrufsrecht. Weiterhin ist die 40-Euro-Klausel enthalten. Diese wird in der Praxis jedoch nicht zum Einsatz kommen. Beachten sollte man, dass bei Anfertigung nach Kundenspezifikation (wahrscheinlich die meisten Bestellungen) der Widerruf gesetzeskonform ausgeschlossen wird.
Zahlungsarten und Finanzierung
Gut aufgestellt ist Woonio bei den Zahlungsarten. So gibt es den für die Zielgruppe wichtigen Rechnungskauf. Zudem ist die Bezahlung per Paypal möglich. Woonio gewährt hier einen Rabatt von 1,5%, schließt jedoch mögliche Extrakosten nicht aus. Vorkasse ist etwas komplizierter. Der Kunde zahlt 50% des Bestellwerts im Voraus. Die restlichen 50% werden bei Lieferung per Nachnahme bezahlt. Nachnahmegebühren werden nicht genannt.
Die für den Kunden attraktivste Zahlungsart dürfte Lastschrift sein. Hier erhält man 3% Rabatt. Durch das Angebot der Lastschrift ist Woonio auch von der SEPA-Umstellung betroffen. Diese wird vom deutschen Bankenverband übrigens so beschrieben („Erklär mir: SEPA“). Die Versandhandelsbranche ist da etwas weniger euphorisch („Wenn die Lobby versagt“).
Zusatz-Services
Zu den Zusatz-Services gehören der kostenlose Aufbau bei Lieferung. Außerdem gibt es zu jedem Möbelstück ein kostenloses Pflegeset. Früher hat es auch einen Musterversand gegebenen. Diesen konnte ich jedoch nicht mehr finden.
Überzeugende Vorstellung des Unternehmens
Überzeugend transportiert Woonio sein Selbstverständnis und seine Geschichte zum Kunden. Mithilfe einer interaktiven Zeitschiene beschreibt Woonio seine Entstehungsgeschichte und Erfolge. Das sieht nicht nur gut aus. Kunden können sich so auch ein genaues Bild des Unternehmens machen.
Zudem holt Woonio bei seinen Kunden aktiv Feedback ein. Dieses wird auf einer Kunden-Seite mit Expertenstimmen und Pressenennungen präsentiert. Dort sind auch allerlei Auszeichnungen für die Produktpräsentation und Usability zu finden.

Das Einstiegsbild der Kunden-Seite brachte mich etwas zum Schmunzeln. Die sympatische Frau vermittelt „Unsere Kunden sind glücklich.“ Den Mann kann ich hingegen auf unzählige Arten interpretieren. Von: ihm sitzt noch der Schock der Rechnung im Nacken. Bis: er freut sich wie Peter Griffin von Family Guy über das neue Sofa.
Fazit: Intensives Möbel-Erlebnis mit Abstrichen bei der Usability
Woonio macht vieles richtig. Die Produktpräsentation ist wirklich außergewöhnlich. Wofür das Unternehmen steht, wird intensiv vermittelt. Man kauft nicht einfach nur ein Bett. Man kauft einen Lebensstil bzw. die Bestätigung seines Lebensstils. Die Zielgruppe wird sich sehr gut mit dem Unternehmen identifizieren können.
Als Vorbild für die Möbelbranche kann Woonio jedoch noch etwas mutiger werden. User Generated Content ist heute Standard und sollte nicht durch das Unternehmen grundlos gefiltert werden. Zudem werden die kommunikativen Chancen nicht ausgeschöpft.
Bei der Usability gibt es noch einiges an Potenzial. Eine kompaktere Seitengestaltung für kleinere Auflösungen wäre wünschenswert. Zudem sollten verdaulichere Animationen verwendet werden. Um der Seite trotzdem etwas Dynamik zu verleihen, könnten beispielsweise Cinemagraphs eingesetzt werden. Bei deren Anblick fällt vielen Nutzern immer noch die Kinnlade runter. Insbesondere mir.
Zusammengefasst ist Woonio ein tolles Beispiel für die Möglichkeiten des Möbel-Versandhandels. Ich bin gespannt, was man zukünftig noch über die Kemptner lesen wird.
Vier Wohlfühl-Tipps für Online-Möbelhändler
Sie haben es bis hierher geschafft. Das freut mich sehr. Deshalb möchte ich Ihnen für den Weg zum nächsten Artikel noch etwas mitgeben. Hier sind vier Tipps, wie Sie bereits in Ihrem Onlineshop ein wohliges Gefühl aufkommen lassen können:
- Wohlfühlen beginnt bei der Haptik. Auch online.
Achten Sie daher darauf, dass sich Ihre Webseite genauso gut wie Ihre Möbel anfühlt. - Setzen Sie Ihre Möbel in Szene.
Zeigen Sie Ihre Möbelstücke in neutraler und wohnlicher Umgebung. Produktvideos und Vollbild-Super-Zoom helfen Ihren Kunden sich die Möbel im eigenen Zuhause vorzustellen. - Verlieben Sie sich in aufschlussreiche Details.
Beschreiben Sie die verwendeten Materialen mit Liebe zum Detail. Teure Weine werden nicht nur wegen des Geschmacks gekauft. Ihre Herkunft und Eigenschaften sind ideale Gesprächsthemen. Ihre Möbel sollten es auch sein. - Seien Sie erreichbar.
Der Onlineverkauf von Möbeln ist herausfordernd. Je nach Produkt haben Ihre Kunden viele Fragen. Logisch. Es sind meist Kaufentscheidungen, die viele Jahre nachwirken. Seien Sie deshalb für Ihre Kunden da und versuchen Sie jede Frage zu beantworten. Das schafft Sicherheit und Vertrauen.
Was sagen Sie?
An welchen Stellen kann sich Woonio noch verbessern? Was gefällt Ihnen besonders? Ich freue mich auf Ihre Kommentare.
Kommentare
9 Antworten zu „Vorbild für die Möbelbranche? Online-Manufaktur Woonio im Test“
Vorbild für die Möbelbranche? Online-Manufaktur Woonio im Test: http://t.co/4tS4Shi7
[…] Woonio wurde in der Vergangenheit vielfach prämiert. Sie gelten als Vorbild für die Möbelbranche. Doch was macht die Kemptner Möbel-Manufaktur so besonders? Wie schlägt sie sich aus Sicht des Kundenerlebnisses? […]
Ich kann vor einer Bestellung von Woonio nur warnen. Wir haben Mitte letzten Jahres einen Esstisch bestellt (auf Vorkasse). Der Tisch ist bis heute nicht da und das Geld (ca.2000Euro)ist auch weg. Eine Vollstre Ching durch den Rechtsanwalt scheiterte mangels Liquidität. Also Finger weg von dieser Seite!!!!!!!
Als führender Hersteller von individuellen Möbeln per Online-Konfiguration gehen wir immer auf interne sowohl externe Kritik ein.
2012 haben wir über 100 Tische nach Wunsch produziert und erfolgreich ausgeliefert. Dieses Jahr wird diese Zahl nochmals gesteigert.
In dem vorliegenden Fall konnte das gewünschte Modell tatsächlich nicht produziert werden. Der Betrag wurde allerdings auch zurücküberwiesen – dies haben wir hier auch schwarz auf weiss.
Jedes Unternehmen das rasant wächst kann sich auch negativer Kritik oder Fällen nicht entziehen – das zeigen auch Beispiele wie Amazon.
Als Vertauensmaßnahme haben wir auch den bequemen Rechnungskauf eingeführt der gern genutzt wird und somit kein Risiko birgt.
Wir sind immer bemüht alles richtig und perfekt zu machen. Negative Erlebnisse werden um einiges häufiger mitgeteilt als die vielen positiven die unsere Kunden mit uns machen.
Mich persönlich trifft soetwas hart und ich wünsche mir den ehrlichen konstruktiven Austausch bei Problemen. Welch schwerwiegende Folgen ein solch halbwahrer Kommentar für ein stets seriöses Unternehmen hat ist wohl nicht klar.
Ehrliche und offene Grüße
Roland Waedt
Dann wäre es gut,wenn sie den Beweis direkt an uns schicken würden. Bei uns ist nämlich nichts angekommen.
Hört sich so an als könnte der Fall doch noch gelöst werden. Aus meiner Sicht ist der persönliche Kontakt nun der beste Weg. Um dies zu fördern, schließe ich die Kommentare vorerst.
[…] Original gefunden auf cx-commerce.de: Vorbild für die Möbelbranche? Online-Manufaktur Woonio im Test […]
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