Im Stationärhandel ist Ikea eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte. Wie kommt es, dass sich diese online nicht wiederholt? Warum schafft es Ikea trotz 3,88 Milliarden Euro Gesamtumsatz in Deutschland online nicht die 100-Millionen-Euro-Marke zu knacken? Ein Selbstversuch, eine weiterführende Analyse und abschließende Nutzermeinungen sollen einige Problemfelder der Schweden aufzeigen.
Ikea hat vor Kurzem die Umsatzzahlen für das Jahr 2012 bekanntgegeben. Prompt fiel der geringe Online-Umsatz von gerade mal 72,7 Millionen Euro auf. Laut Exciting Commerce soll Ikea die Marke von 70 Millionen Euro nach mehreren Rückschlägen nun bereits zum dritten Mal durchbrochen haben. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Onlineumsätze mit denen der Ikea Restaurants (179 Millionen Euro) verglichen werden. Doch woran liegt das? Starten wir mit einem Selbstversuch.
Der erste Eindruck: Inspirierend und heimisch
Bereits beim Aufruf der Startseite von ikea.de wird sofort deutlich wo man sich befindet. Die Farben, die Wohnwelten im Slideshow-Teaser, die Promotions für Angebote – es sieht haargenau wie in den Katalogen und Einrichtungshäusern aus. Das Ikea-Gefühl wird bereits auf den ersten Blick vermittelt. Die ansprechend eingerichteten Räume laden zum Stöbern und Entdecken ein.
Auch auf den dahinterliegenden Einstiegsseiten werden die schwedischen Einrichtungsgegenstände mit Liebe zum Detail aufbereitet und inszeniert, wie man es von keinem zweiten Unternehmen kennt. Produktkategorien, Wohnwelten, Einzelprodukte, TV-Spot und zusätzliche Informationen reihen sich aneinander und ergänzen sich. Ja, das ist Ikea.
Bereits ausmalend wie die eigene Wohnung um die zahlreichen Produkte ergänzt werden könnte, fällt einem im ersten Moment nicht weiter auf, dass ikea.de mit einem üblichen Onlineshop wenig gemein hat. Vorteilskommunikation, Trust-Elemente, ein auffälliger Warenkorb, die obligatorische Newsletteranmeldung – all das fehlt. Für den geneigten Onlineshopper kann da schnell die erste Frage aufkommen.
Die große Frage: Wie kann ich onlineshoppen?
Ob ein Onlineshopper sich zu Beginn des Aufrufs einer Webseite die Frage nach dem Wie überhaupt noch stellt, ist die eine Sache. Ob die Frage heute überhaupt noch gestellt werden sollte oder es wie von selbst gehen muss, ist die andere. Nichtsdestotrotz hat Ikea eine Antwort parat. Denn wie Sie im weiteren Verlauf sehen werden, ist ikea.de kein Onlineshop. Oder doch? Ehrlichgesagt bin ich etwas verwirrt.
Der vermeintliche „IKEA Online Shop“
Das liegt vor allem an folgendem Umstand: Auf der Startseite verweist Ikea im Header und unteren Bereich explizit zwei Mal mit einer Promotion auf seinen „IKEA Online Shop“. Klicke ich darauf, gelange ich jedoch nicht zu einem ausgelagerten Einkaufsparadies für Skandinavien-Fans. Stattdessen werde ich von einem Küchenplanungsteam begrüßt:
Sympathisch sind die Damen und Herren ja, aber wo kann ich nun mein Geld lassen? Bei genauerer Betrachtung erfahre ich, dass Colleen die „IKEA Online Shop Managerin“ ist. Außerdem kann ich im Onlineshop „bummeln“, solange ich möchte. Vom Bummeln seiner Besucher ist allerdings noch kein Shopbetreiber reich geworden, aber das sind Feinheiten.
Sackgasse folgt auf Sackgasse
Unter dem Bild des Küchenplanungsservice wird direkt auf Telefon- und Faxnummer (!) und die Zahlungsmethoden hingewiesen. Auch hier begegnet dem geneigten Besucher als vierter Hinweis in der Reihe eine Promotion für den Onlineshop: „Online bestellen + 20.- sparen.“ Drei mal dürfen Sie raten, was sich hinter diesem Link befindet. Es sind weder der heiß ersehnte Onlineshop oder eine aktuelle Kampagne mit Sparvorteilen. Es sind die Versandkosten und mangels Überführung zum Sortiment eine weitere Sackgasse:
Ich befinde mich nun nicht mehr im „IKEA Online Shop“-, sondern im „IKEA-Service“-Bereich. Die linke Navigation sieht teilweise verdächtig nach Offline-Services aus, daher rette ich mich mit einem Klick auf den Zurück-Button des Browsers. Erwähnenswert ist nur, dass sich im „IKEA Service“-Bereich ein weiterer, anderer (!) Info-Bereich zum „IKEA Online Shop“ befindet, dem ich gleich wieder begegnen werde.
Als normaler Besucher wäre ich bereits über alle Berge. Neulich verließ ich einen großen Onlineshop mit vielversprechendem Angebot auf der Stelle, weil es keinen Filter für die Maße der Sofas gab. Da ich laut meiner Wohnung aber selbst ein Anhänger schwedischer Einrichtung bin, versuche ich es diesmal mit einem Klick auf den Teaser der Promotion „Online einkaufen … Bequem von zu Hause aus“.
So bestellt man bei Ikea
Enttäuscht muss ich feststellen, dass sich die Unterseite Bestellmöglichkeiten in einem Popup öffnet. Popups gehören mit 1000×1000 Pixeln übrigens nicht zum platzsparendsten Mobiliar der schwedischen Webseite. Hätte ich die Seite über die linke Navigation oder dem Text unterhalb des Bildes aufgerufen, wäre mir das Popup erspart geblieben. Auch hier erfahre ich wieder die Faxnummer. Adresse und Telefonnummer werden mir zum besseren Einprägen zwei mal vermittelt:
Da ich onlineshoppen möchte, klicke ich auf das etwas verstoßen und einsam wirkende Wort „Online“. Zwar gelange ich daraufhin nicht in den Onlineshop, sondern wieder in den „IKEA Service“-Bereich. Doch endlich erfahre ich, wie ich mich bequem von zu Hause aus neu einrichten kann. Die Anleitung ist ordentlich, einzig die Bilder lassen sich nicht vergrößern. Nun kann es losgehen…
Warum das Ganze? „Etail is detail.“
Sie werden sich sicher fragen, warum ich diesem Bereich der Seite so viel Aufmerksamkeit geschenkt habe. Aus meiner Sicht macht bereits dieser kleine Ausschnitt die meisten Mängel von Ikeas E-Commerce-Ansatz deutlich:
- ikea.de ist kein Onlineshop, versucht es aber.
- Eine zielorientierte Nutzerführung findet nicht statt.
- Es wird nicht zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen unterschieden.
- Visuelle Handlungsaufforderungen fehlen oder sind unverständlich.
- Es existiert keine ausreichende Web-Exzellenz im Detail.
Erfahren Sie auf der zweiten Seite was Ikea für das Onlineshopping-Erlebnis im Angebot hat und Nutzer und Kunden dazu sagen. Jetzt weiterlesen…
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